Traumatisch: Gewalt gegen Kinder, Gewalt durch Kinder und Jugendliche

Traumatisch: Gewalt gegen Kinder, Gewalt durch Kinder und Jugendliche

Columbine, Erfurt, Blacksburg: Drei Schulen und Hochschulen, deren Namen untrennbar mit Amokläufen verknüpft sein werden. Mit grauenvollen Taten, die junge, sehr junge Täter verübt haben, indem sie Gleichaltrige und Autoritätspersonen erschossen. Alle eint wenigstens folgende Merkmale: Sie fühlten sich als Versagen und überflüssig in dieser Welt, lebten in abgrundtiefer Einsamkeit, puschten sich mit Gewaltvideos hoch und konnten offensichtlich nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden.

Wir sehen es täglich in den Nachrichten: Einerseits Kinder als Opfer von Gewalt, andererseits auch Steine und Molotowcocktails werfende Kinder, Kindersoldaten, Straßenkinder, Gewalttäter. Wir erinnern uns in den jüngsten Debatten an die Flakhelfer am Ende des 2. Weltkrieges: Kindersoldaten auch bei uns, die schossen, die ideologisch verführt waren Richtung Endsieg.

Was geschieht heute mit den 100.000den von Kindern, die selbst Gewalt erleiden durch kriegerische Handlungen und Terror: In Israel, im Libanon, im Irak oder in den gewaltgeprägten Vorstädten von Sao Paolo und Kapstadt, wenn man davon ausgehen muss, dass 30 % der traumatisierten Kinder Schädigungen davontragen?

Ob sich eine posttraumatische, d. h. dauerhafte Belastungsstörung einstellt, kann erst nach Monaten diagnostiziert werden.

Ob sie von alleine abklingen, hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab: Wie stabil der vorherige mentale Zustand war. Ob die Situation sich rasch wieder normalisiert - was in Kriegsgebieten und für Kriegswaisen manchmal erst nach Jahren eintritt. Ob es einmalige, wiederkehrende oder sich sogar steigernde traumatisierende Situationen sind, wie z. B. bei Kindern im Krieg mit anschließender Flucht, Vertreibung und Hunger oder wie bei den 10.000den von Strassenkindern, die sich rechtlos, unbehaust, sich prostituierend der Gewalt Anderer ausgesetzt sehen und selbst Gewalt ausüben.

Werden Traumata nicht behandelt, können sie zu Lernstörungen, selbstaggressivem Verhalten, zu Süchten oder zu Aggressivität, zu antisozialem Verhalten führen. Und: sie werden an die eigenen Kinder meist weiter gegeben! Eine endlose Spirale von Gewalt!

Ein Beispiel: Die Bürgerkriege sind in Lateinamerika zwar vorüber, aber unter den Folgen brechen die Staaten heute schier auseinander. Die meisten Menschen sterben durch Mord!

Einerseits sind es die Mafiaorganisationen und andererseits die Maras, mordgierige Jugendbanden, vollgedröhnt und absolut nicht zivilisiert, die ganze Städte, fast ganz Guatemala zu rechtsfreien Zonen gemacht haben. In Guatemala waren in vier Jahrzehnten eine halbe Million Menschen dem Bürgerkrieg zum Opfer gefallen. Ungezählt viele Familien waren traumatisiert, die Kinder sahen Entsetzliches und litten über lange Monate und Jahre Todesängste bei gleichzeitigem Verlust aller Sicherheiten. Mit den Folgen: Einer Schädigung der normalen Gehirnentwicklung, einer Prägung auf Gewalt, einer nicht gegriffenen oder gar nicht mehr intendierten Zivilisierung. Wir stellen uns vor: Viele dieser Jugendlichen sind wohl zu Monstern mutiert, da sie ein Straßenleben jenseits der Zivilisation leben müssen.

Wir sind temporär immer wieder entsetzt über diese Zustände. Doch welche Absurdität passiert in den meisten deutschen Kinderzimmern? Wir lassen gerade die männlichen Jugendlichen vor den Gewaltmedien verkommen, lassen es zu, dass sie beim stundenlangen Töten und Herumballern täglich ordentliche Dopaminausschüttungen erfahren. Und dieses Glückshormon will natürlich mehr, mehr, mehr und provoziert die Sucht nach diesem Kick, dem Thrill in diesen Brutalo-Scheinwelten.

Gehirne entwickeln sich entsprechend ihrer Nutzung. So wie Eltern verantwortlich sind für gesundes Essen und genügend Bewegung, sind sie verantwortlich für die Gehirn- und Persönlichkeitsentwicklung ihrer Kinder. Eine Gehirn-Diät wäre angebracht. Trauma- und Gehirnforscher fordern bereits „Naturschutzgebiete für die geistige und seelische Entwicklung sowie gewaltfreie Zonen“.

So wie vor bald 40 Jahren die Umweltaktivisten verlacht wurden, werden auch heute die Warner vor einer Erziehung durch Mediengewalt, Brainwash und die immer stärkeren Stimulanzien der weltweiten Pornoindustrie verspottet.

Fragt sich niemand, welche Botschaft in dieser Vorliebe für Gewalt eigentlich liegt? Was können Jugendlichen eigentlich mit ihren dort gesammelten Erfahrungen anfangen? Und ausgeprägte andere Erfahrungen haben sie im realen Leben gar nicht machen können! Nicht nur bei den Amokläufern wendet sich die Gewalt bereits gegen Lehrer. Noch werden die Eltern bei uns meistens geschont... in Guatemala nicht mehr!