Gestalttherapie
Gestalttherapie ist eine humanistische und tiefenpsychologisch orientierte Therapie und wurde von Fritz und Lore Perls sowie Paul Goodman begründet. Sie bezieht sich auf die individuelle und ganzheitliche Entwicklung eines Menschen und ist somit auch die Grundlage für eine Pädagogik sowie eine philosophische Lebenshaltung.
Sie legt Wert auf das bewusste Wahrnehmen der gegenwärtigen Situation, auf die Verknüpfung des „Hier und Jetzt“ mit früheren Erfahrungen, die gerade in Stresssituationen reaktiviert werden, sie lässt körperliche und emotionale Empfindungen zu ihrem Recht kommen.
Gestalttherapie als integrative Therapie
Die Weiterentwicklung zur Integrativen Therapie (nach H.Petzold) verknüpft eine mehrperspektivische Sicht, d.h. sinnliche, gefühlsmäßige, intellektuelle, soziale und spirituelle Dimensionen. Sie unterstützt den authentischen Kontakt zu anderen Menschen und zu uns selbst. Wir stehen in der „Ko-Respondenz“ mit unserer Umwelt und allen Lebewesen. Sie zielt auf den schöpferischen und kritischen Umgang mit uns und mit den Anderen, auf hohe Eigenverantwortlichkeit des Individuums (50:50%-Regel) für die eigene „Gestalt“, die „Gestaltung“ jeder Situation sowie die „Gestaltung“ des eigenen Lebens. „Wichtig ist nicht das, was man mit mir gemacht hat, sondern das, was ich selbst aus dem mache, was man mit mir gemacht hat“(Serge Ginger). Insofern legt dieser Therapieansatz großen Wert auf neue, kreative Erfahrungen, um das selbst-heilende, selbst-regulierende und schöpferische Potential hervorzulocken.
Unsere heutige „Gestalt“ hat sich herausgebildet aufgrund von allen je erfahrenen und erlittenen leiblichen, emotionalen und kognitiven Bedingungen sowie den sozialen und mikroökologischen Realitäten. D.h., wir sind durch unsere genetischen Voraussetzungen, durch unsere Eltern, Geschwister und Familien, durch die Erziehung, Schul- und Lebenserfahrungen so geworden wie wir sind. Es gilt einerseits, die alten Geschichten danach abzufragen, welche Rolle sie im „heutigen Drama“ noch spielen. Andererseits geht es um die Bewältigung momentaner Probleme, um eine ganzheitliche Entwicklung von „Körper, Geist und Seele“, indem aktuelle Probleme bearbeitet und Vergangenes, Verschüttetes, Unerledigtes, Verlorenes auf neuer Ebene integriert wird.
Das Ziel: Eine „ganze Gestalt“ zu werden und neue Lebensfreude zu erlangen, jenseits aller psychischer Einschränkungen, wie z.B. des „schlechten Gewissens“ und des Perfektionismus. – Dazu gehört auch die Arbeit am „Wiederholungszwang“ (Sigmund Freund), unter dem wir alle bewusst bzw. unbewusst leiden und dessen Strukturen sich in vielen Aspekten und Bereichen unseres Lebens - oftmals penetrant - wiederholen, wie z.B. bei der Berufs- oder Partnerwahl, beim Umgang mit den eigenen Kindern, Freunden oder Kollegen.
Das A und O ist für mich eine tragfähige und empathische, therapeutische Beziehung, voller Klarheit auf Seiten des Therapeuten, um (neue) heilende Beziehungserfahrungen zu machen. Hinzu kommt ein tiefes Verständnis für das Leid mit seinen vielfältigen Konsequenzen, nicht nur für die Psyche, sondern auch für das soziale Leben. Dazu gehört die Einsicht in die gesellschaftlichen Bedingungen der eigenen Biografie ebenso wie die der momentanen Situation, um Druck, Selbstvorwürfe, Anklagen zu mildern. Erst wenn darüber Klarheit gewonnen und ein Bewusstsein für die eigenen leiblichen Reaktionen entstanden sind, kann das Leben wieder aktiv in die eigenen Hände genommen werden, um die Zukunft positiv zu entwerfen.
Ablauf einer Gestalttherapie
Dies gestaltet sich im therapeutischen Gespräch und kann verknüpft und vertieft werden mit kreativen Methoden (Malen, Schreiben, Rollenspiel, Musik usw.). Dies hilft Blockaden oder psychosomatische/körperliche Störungen zu verstehen, aufzuarbeiten und zu verändern, denn Menschen besitzen bis ins hohe Altern hinein ein aktives Veränderungspotential. Wir Gestalt-Therapeuten gehen von den „Entwicklungsmöglichkeiten in der gesamten Lebensspanne“ aus. Hinzu kommt die Methode der Körperwahrnehmung, denn wir sind lebenslang geprägt durch unser „Leibgedächtnis“. Es gilt auch, die „Sprache“ eines jeden Schmerzes, eines jeden Organs zu entziffern, um dessen spezielle „Botschaft“ verstehen zu lernen. Denn erst dann kann sich der Körper beruhigen!
Als Gestalt-Therapeutin stelle ich Fragen, die manche Patienten vielleicht noch nicht direkt beantworten können, jedoch durch indirekte Antworten wie Mimik, Gestik, Haltung, durch ihre Art Kontakt aufzunehmen, ihre Art zu sprechen oder zu schweigen aufblitzen lassen. Denn gerade viele Krankheitsursachen sind den Menschen nicht bewusst, die wir jedoch durch erzählte Ereignisse, Szenen, Muster, Traumata aus ihrer Lebensgeschichte wie „die bunten Mosaiksteine für ein Gesamtbild“ in einem gemeinsamen Such- und Erkenntnisprozess herausarbeiten. Und bereits dieses zunehmende Verstehen und Verstanden-Werden ist ein Teil des Heilungsprozesses, denn Menschen fühlen sich gequält durch das eigene Nicht-Verstehen, weil es Hilflosigkeit und ein Ausgeliefertsein an die Umstände, den Körper, die Psyche bedeutet.
All dies braucht Zeit, denn „die Psyche reist langsamer als der Verstand“. Es braucht einen geschützten Raum u.a. für das „Probehandeln“. Wenn z.B. vorsichtig ein positiver Umgang mit den eigenen, jahrelang verschluckten Wut- und Zorngefühlen geübt wird, die einem auf den Magen, Kopf oder Rücken „geschlagen“ sind. – Es bedeutet keine Schwäche, sondern Stärke, sich Hilfe zu holen, die eigenen Grenzen zu erkennen und an sich selbst zu arbeiten, um zu reifen!
Arbeit mit Träumen
Als Integrative Therapeutin arbeite ich auch gerne mit Träumen, denn in ihnen zeigen sich Lebensgeschichtliches, Erwartetes und Gegenwärtiges genauso wie Unerledigtes und Verdrängtes: Konflikte, Defizite, Wünsche, Sehnsüchte, Bedürfnisse. Träume sind „eine Botschaft von dir zu dir“ (Fritz Perls, Begründer der Gestalt-Therapie, 1893-1970): Ein Kunstwerk, aus unserem Lebens-Stoff herausgemeißelt, aufgrund von unbewussten jedoch höchst kreativen Akten.
Träume sind "Gedanken des Herzens" und bringen sie als „Drama auf die innere Bühne“. Sie bieten nicht nur Informationen, sondern rufen Ereignisse hervor, die unser Leben ändern können. In ihnen stecken "versteckte Talente, verborgene Schönheit und unvermutetes kreatives Potential". Sie sind die "Wachhunde der Psyche"; sie enthalten das, was bereits da ist.
Jedes einzelne Moment im Traum, jeder Mensch, jedes Ding, jede Stimmung ist eine Projektion des Träumers, es ist etwas Abgedrängtes oder Verleugnetes. Dies steigt nun aus dem Unbewussten wieder an die Oberfläche. Das Therapie-Ziel ist: Sich zu konfrontieren mit diesen abgespaltenen Teilen und bewusste Verantwortung dafür zu übernehmen.